Neuer Rohstoffzyklus?

Stefan Riße · Uhr

Als vor knapp einem Jahr die Ölpreise minus 37 US-Dollar erreichten, weil die Saudis so viel Öl auf den Markt warfen, um den Preis kaputt zu machen, hätte wohl niemand gedacht, dass wir ein Jahr später wieder Ölpreise von 64 US-Dollar sehen. Doch der Ölpreis ist nicht der einzige Rohstoff, der derzeit stark steigende Preise erlebt. Auf breiter Front legen momentan sämtliche Rohstoffe deutlich zu.

Stahl, Kupfer und Bauholz

Bekanntermaßen kam die chinesische Wirtschaft aufgrund sehr rigoroser Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie deutlich schneller aus der Wirtschaftskrise als die alten Industrieländer. Im Riesenreich boomt die Wirtschaft bereits wieder in allen Bereichen. Entsprechend stark haben die Stahlpreise angezogen. Und es brummt der Bau, doch das nicht nur in China. Man hätte meinen können, dass auch der private Wohnungsbau leidet, wenn viele Menschen ihre Jobs verlieren. Dem ist allerdings überhaupt nicht so. Wie wir heute wissen, sind die Lohneinkommen in den USA nur sehr geringfügig eingebrochen, so dass durch die Hilfspakete des Staates die Bürger unterm Strich sogar mehr in der Tasche haben. Dies gepaart mit neuen Zinstiefs am langen Ende sorgt dafür, dass der Bau von Wohnungen und Einfamilienhäusern deutlich anzieht. Die Pandemie und der Zwang daheim zu bleiben, hat für viele die Wichtigkeit der eigenen vier Wände erhöht. Und so gehen die Preise für Kupfer, benötigt für Dächer und Leitungen sowie für Bauholz deutlich nach oben. Bei Kupfer kommt außerdem die Fantasie der zunehmenden Elektrifizierung hinzu, was die Preise treibt.

Sojabohnen und Nahrungsmittel allgemein

Auch die Nahrungsmittel ziehen im Preis deutlich an. Insbesondere der Preis für Sojabohnen hat enorm zugelegt. Der größte Nachfrager ist hier einmal mehr China. Nachdem aufgrund der Schweinepest hunderte Millionen von Tieren geschlachtet werden mussten, werden nun neue Herden gezüchtet und dafür braucht es entsprechend viel Futtermittel. Grundsätzlich gibt es zwar keine Nahrungsmittelknappheit. Aber die zunehmenden extremen Wetterphänomene sorgen dafür, dass durch Trockenheit ganze Ernten verloren oder annähernd verloren gehen. Wir haben dies ja sogar in Deutschland 2018 erlebt.

Metalle und Edelmetalle profitieren nicht nur von der Konjunktur

Die noch einmal deutlich erhöhte Geldschöpfung der Notenbanken seit Ausbruch der Corona-Pandemie, die alles bislang Erlebte in den Schatten stellt, lässt Anleger nach sicheren, nicht unendlich vermehrbaren Sachwerten suchen. So erklärt sich der Anstieg des Bitcoins und auch der des Goldes. Auch wenn dieses sich zwar derzeit in einer Konsolidierungsphase befindet, im Sommer gab es nach neun Jahren auch hier neue Rekordstände. Noch stärker legte Silber zu, nicht nur weil es nach Gamestop der nächste Favorit in den Börsenforen war, sondern auch weil die industrielle Nachfrage anzieht. Das lässt auch den Platinpreis stark steigen, denn Platin wird in der Elektromobilität entsprechend nachgefragt. Ähnlich sieht es mit Nickel aus, das bekanntlich für Batterien benötigt wird.

Sind Rohstoffe die neue Anlageklasse?

Es ist durchaus denkbar, dass ein neuer Superzyklus für Rohstoffe begonnen hat. Grundsätzlich sind, abgesehen von den Edelmetallen, Rohstoffe aber keine Anlageklasse, auch wenn dies immer wieder so geschrieben und behauptet wird. Es sind Verbrauchsgüter. Im Gegensatz zu Gold, Silber oder Platin, dass man in Barren oder Münzen in den Tresor legen oder auch als ETF erwerben kann, wird das Öl ja in irgendeiner Form verbrannt und verbraucht, werden Kupfer und Stahl verbaut. Genauso ist es mit den Agrarrohstoffen. Man kann auf steigende Preise spekulieren, aber es bleibt immer

Spekulation und nie Investment. Doch ein Anstieg der Rohstoffpreise wird sich selbstverständlich in den Inflationsraten in wenigen Monaten deutlich bemerkbar machen. Schneller als wir denken, dürfte die Inflation wieder über zwei Prozent springen. Das sollte dann wie immer Edelmetalle wie Gold beflügeln.

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